Berufskolleg | Deutsch | Götz von Berlichingen |
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Lösungsvorschlag von Ingo FALKJohann Wolfgang Goethe dramatisierte 1771 in seinem Werk "Götz von Berlichingen" die Denkwürdigkeiten des Ritters Götz, dessen Lebensbeschreibung 1731 erschienen war und offenbar die Fantasie des jungen Dichters der Sturm und Drang Epoche beflügelte. In der vorliegenden Textstelle spielt sich der Heiratsantrag Adelberts von Weislingen an Götzens Schwester Maria ab. Weislingen ist Götzens Gefangener auf Schloss Jagsthausen, nachdem er, obwohl ebenfalls ein Freiherr wie Götz von Berlichingen, als Vasall des Bischofs von Bamberg infolge einer Fehde zwischen dem Bischof und Götz in dessen Hände gefallen war. Weislingen ist also eigentlich Götzens unmittelbarer Gegenspieler in diesem Konflikt. Die Szene setzt ein mit einem Dialog zwischen Weislingen und Maria, in dem Maria offenbar auf die Liebeserklärung Weislingens antwortet (Seite 29, Zeile 31ff.). Weislingen, der sich sicherlich Vorteile für seine Situation als Gefangener erhofft, gibt sich ganz als großer Liebhaber, der seiner Angebeteten schmeichelt (Seite 29, Zeile 36ff.). Maria, die allzu große Zudringlichkeit mit dem Verweis auf "Bedingungen" (Seite 30, Zeile 4) zurückweist, hat bereits vom Ruf Weislingens als Frauenheld durch ihren Bruder erfahren und ist sich der Gefahr bewusst. In diesem Moment und im weiteren Verlauf der Handlung zeigt sich deutlich, dass die beiden Frauen - Götzens Frau Elisabeth und seine Schwester Maria - die weitaus vorsichtigeren Charaktere im gesamten Drama darstellen. Im Folgenden führt Maria Lehren aus der Zeit, in der sie in einem Kloster aufwuchs, an, nach denen "Liebkosungen [...] wie Ketten" (Seite 30, Zeile 8) seien und nimmt mögliche Einwände Weislingens gleich vorweg, in dem sie sagt, die Äbtissin des Klosters sei nicht weltfremd gewesen, sondern hätte aus Selbsterfahrung gelehrt (Seite 30, Zeile 12ff.). Als Maria anschließend ihre Hand von Weislingen zurückzieht, bekräftigt sie ihre Zweifel (Seite 30, Zeile 19). Hände haben auch später in dieser Szene noch große symbolische Bedeutung. Nun erwähnt Maria, dass ihr Bruder bereits hoffte, seinen alten Jugendfreund "wiederzufinden" (Seite 30, Zeile 28), als er in die Fehde auszog. Hier kommt klar das unvoreingenommene, gutgläubige Wesen Götzens zum Vorschein, der selbst in seinen erbittertsten Widersachern noch das Gute sieht. Die Äußerung Weislingens, erst "die Verwaltung" seiner "Güter" (Seite 30, Zeile 29ff.) in Ordnung bringen zu müssen, entlarvt seine Karrieresucht und relativiert seine Schmeicheleien. Maria erkennt dies und mit den Worten, "auch der Aufschub hat seine Freuden" (Seite 30, Zeile 33) stellt sie ihn auf die Probe. Jedoch auch sie erhofft sich Gewinn aus dieser Beziehung, denn Weislingen stellt für sie einen Mann von Welt dar - im Gegensatz zu ihrer eigenen Perspektive in der Obhut ihres Bruders auf Schloss Jagsthausen. Jetzt betritt Götz die Bildfläche mit der Nachricht, dass der Knabe Weislingens gekommen sei (Seite 31, Zeile 5f.). Auch in dieser Situation zeigt Götz von Berlichingen mehrfach seinen Charakter der offenen und ebenso naiven Mitmenschlichkeit. Er lässt den Knaben seines einstigen Widersachers von seiner Frau bewirten, während dieser ihm auch noch schlechte Nachrichten vom Verbleib seines eigenen Knaben, der sich in der Gewalt des Bischofs befindet, verkündet (Seite 31, Zeile 5ff.). Anschließend reicht er - Götz - Weislingen die Hand und erklärt ihn für frei, verlangt dafür jedoch lediglich dessen Ehrenwort (Seite 31, Zeile 12ff.). Weislingen greift allerdings nicht nur nach Götzens Hand, sondern hält gleichzeitig auch noch um die Hand seiner Schwester Maria an (Seite 31, Zeile 16ff.). Als Götz Maria fragt, ob sie denn auch wolle, prallen seine Gutgläubigkeit einerseits, die Zweifel seiner Schwester und die offensichtliche Falschheit Weislingens offen aufeinander (Seite 31, Zeile 22ff.). In der Folge wird selbst der unheilvolle Traum der vorangegangenen Nacht von Götz falsch gedeutet - er ist sogar am Tag "wie träumend" (Seite 31, Zeile 33). In diesem Moment, die Szene gehört noch zur Exposition des Dramas, wird uns Götz von Berlichingens Wesen mit all seinen Fehlern eindrucksvoll beschrieben - alle Zweifel werden von unerschütterlichem Optimismus weggewischt. Auch als er selbst andeutet, dass Weislingens Güter in solch schlechtem Zustand seien, dass sie wohl kaum eine Familie ernähren könnten, lässt er sich wieder bei der Beschreibung dessen geografischer Lage einlullen (Seite 31, Zeile 39ff.). Er ist, wie seine Schwester Maria anmerkt, "in voller Freude" (Seite 32, Zeile 3) und ohne Blick für die Realität. Doch Maria wird bitter enttäuscht werden, denn Weislingen lässt sie schon bald sitzen und zieht ihr die schönere, reichere und einflussreichere Adelheid von Walldorf vor. Obwohl Maria später einen anderen heiratet, zeigt sie am Ende der Handlung immer noch Zuneigung für Weislingen, in dem sie ihm, trotzdem das Leben ihres Bruders von Weislingen abhängt, Trost spendet, da dieser seinen Fehler, auf die kaltherzige Adelheid hereingefallen zu sein, erkennt - und mit dem Leben bezahlt. Das lässt ihre geschwisterliche Seelenverwandtschaft zu Götz von Berlichingen erkennen. Die bittere Ironie dieser Szene (Seite 105, Zeile 11ff.) wurde von Goethe ganz bewusst gewählt. Dem einstigen Frauenheld Weislingen wird ausgerechnet von der Frau, die er ins Unglück stürzte, in seiner Todesstunde vor Augen geführt, dass der wahre Ritter sich durch Barmherzigkeit auszeichnet. Seine innere Zerrissenheit lässt ihn zunächst an Wahn glauben, doch der "Engel des Himmels" der ihm die "Qualen der Hölle" (Seite 105, Zeile 20f.) bringt, ist wahrhaftig erschienen, um Götzens Begnadigung zu erbitten. Doch nicht nur sprachlich macht Goethe dabei den Gegensatz der Figuren deutlich. Weislingen kann Maria das Gnadengesuch für Götz nicht ablehnen, während er selbst durch das Gift von Adelheid stirbt.
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Arbeitsanweisungen
Lösungsvorschlag von Ingo FALKDas Drama "Götz von Berlichingen" wurde von Johann Wolfgang Goethe zwischen Ende Oktober und Anfang Dezember 1771 geschrieben und dramatisiert die Lebensbeschreibung des Ritters Götz. Die vorliegende Textstelle beschreibt die Situation, in der Götzens Freund Franz von Sickingen mit seiner Schwester Maria verlobt wird und er gleichzeitig von der Verhängung der Reichsacht gegen ihn erfährt. Maria, die von Weislingen ins Liebesunglück gestoßen wurde, ist offenbar in ihrer Verfassung leicht empfänglich für männliche Zuneigung. Die Achterklärung gegen Götz geht auf seine Händel mit der freien Reichsstadt Nürnberg zurück und wurde vor allem von seinem Kontrahenten Weislingen forciert, der Götzens Ansehen aus Neid schmälern will. Die Szene setzt ein, als Götz seinem zukünftigen Schwager Sickingen mitteilt, dass ihm die Acht erklärt wurde, indem er ihm den kaiserlichen Brief zeigt (Seite 58, Zeile 22ff.). Als Sickingen ihm sofort seine militärische Hilfe anbietet (Seite 58, Zeile 30), zeigt sich deutlich, wer seine wahren Freunde sind. Sie sind aus demselben Holz wie Götz geschnitzt, geradlinig und hilfsbereit, ohne Rücksicht auf eigene Gefahren - ein solches Angebot hätte er von seinem einstigen Jugendfreund Weislingen nie gemacht bekommen. Daraufhin lehnt Götz jedoch ebenso uneigennützig ab, da er weiß, dass Sickingen ein hohes Ansehen bei Kaiser Maximilian genießt, bisher unbescholten ist und darüber hinaus höhere politische Ziele verfolgt, die durch eine offene Parteiergreifung für Götz gefährdet wären. Außerdem erhofft er sich durch dessen Einfluss spätere Hilfe in seiner vertrackten Situation (Seite 58, Zeile 32ff.). Bei seinen Ausführungen verharmlost Götz die Gefahr, die von der drohenden Reichsexekution ausgeht, indem er die fehlende "Tapferkeit" (Seite 59, Zeile 7) der Helfer seiner Gegner herausstreicht und davon ausgeht, dass man seine militärischen Fähigkeiten sicher unterschätzen werde. Einmal mehr wird hier Götzens unerschütterlicher Optimismus sichtbar (Seite 59, Zeile 5ff.). Nun von Sickingen auf seine zahlenmäßige Unterlegenheit angesprochen, entgegnet Götz von Berlichingen mit einer symbolischen Darstellung seiner Stärken, die mehrfach in diesem Drama auftaucht und von großer Bedeutung ist. Er sagt: "Ein Wolf ist einer ganzen Herde Schafe zu viel" (Seite 59, Zeile 17). Als den Wolf sieht er sich selbst, der, gleichsam den einfachen Naturgesetzen folgend, auf Nahrungssuche seine Beute reißt und dabei die - unnatürliche - Ordnung des Menschen, in der der Erwerb der Besitzergreifung vorausgeht, ignoriert. Hier versinnbildlicht Johann Wolfgang Goethe das Aufeinanderprallen der verschiedenen Rechtsordnungen am Ende des Mittelalters. Der althergebrachten Rechtsauffassung Götz von Berlichingens, in der das Faustrecht gilt und spontane, instinktive Entscheidungen dominieren, wird die moderne Auffassung des Reichsfriedensrechts nach den Grundsätzen der römischen Rechtsprechung gegenübergestellt, bei der nach festgelegten Normen und Schemen Entscheidungen getroffen werden. Mit der Charakterzuordnung der Personen des Dramas zu den jeweiligen Rechtsnormen macht Goethe deutlich, dass Götz dieses "neue Recht" höchst zuwider ist. Auch im weiteren Verlauf dieser Szene wird das Handeln nach Verhaltensmustern abgelehnt, als nämlich Götz anmerkt, dass das militärische Vorgehen nach vorgeschriebenen Schlachtplänen, wie es von den Truppen der Reichsexekution zu erwarten ist, letztlich nicht zum Erfolg führen kann (Seite 59, Zeile 19ff.), lässt es doch die individuellen Begebenheiten der jeweiligen Situation außer Acht. In der Folge gibt Götz selbst zu, dass er in großer Gefahr ist, denn er möchte seine Schwester Maria bald in sicherer Obhut seines Freundes Sickingen und nicht in seinem Schloss wissen (Seite 59, Zeile 33ff.). Wieder zeigt sich Götzens Charakter der Selbstlosigkeit. Indem er die Gefahren für sich selber leugnet oder über sie hinweggeht, lässt sich erahnen, dass er kein gutes Ende nehmen werde. Sein gestörtes Verhältnis zur Realität dieser eher als schlecht dargestellten Welt muss letztlich zum Scheitern führen und das erste große Unglück mit der Belagerung seines Schlosses Jagsthausen und seiner anschließenden Gefangennahme wird schon bald folgen. Analog zu den Gegensätzen in den Rechtsauffassungen stellt Goethe in seinem Drama auch die völlig konträren Charaktere der Figuren Götz von Berlichingen auf der einen und Adelbert von Weislingen auf der anderen Seite gegenüber. Götz verkörpert den Helden, der mit den ritterlichen Tugenden Erbarmen, Milde, Ehre, Treue und ritterliches Benehmen ausgestattet ist und Gleichgesinnte wie den hier in Erscheinung tretenden Franz von Sickingen um sich schart. Sein Gegenpart Weislingen, der sogar gemeinsam mit Götz am Markgräfischen Hof erzogen wurde (Seite 20, Zeile 37ff.), hat ihm in fast allen Charakterbeschreibungen des Dramas (z. B. Seite 21, Zeile 31ff.) nur negative Eigenschaften entgegenzusetzen. Vor allem aber fehlt ihm im Vergleich zu Götz, Selbitz oder Sickingen ein wesentliches Merkmal eines Ritters: der Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit (Seite 23, Zeile 36ff.). Stattdessen hat er sich aus Karieresucht zum "Vasallen" und "ersten Hofschranzen eines eigensinnigen neidischen Pfaffen" (Seite 22, Zeile 4ff.), nämlich dem Bischof von Bamberg gemacht. Die Tragik des Helden Götz von Berlichingen liegt jedoch in seinen eigenen Tugenden begründet. Er erwartet von Adelbert von Weislingen die selbe ritterliche Treue und Loyalität, die ihm selbst zu eigen ist, als er lediglich dessen "Hand" (Seite 31, Zeile 13ff.) darauf verlangt, ihm künftig keinen Schaden mehr zuzufügen und Weislingen obendrein die "Hand" (Seite 31, Zeile 19ff.) seiner Schwester Maria dazu verspricht. Goethes Held wird Opfer seiner Tugendhaftigkeit. |